Richtiger Umgang mit Anrainer*innen

Lautstärke von Clubs, Konzertlocations, aber auch der Gastronomie ist der häufigste Grund für Konflikte mit Anrainer*innen. Die Gründe sind vielfältig. Dieser Leitfaden bietet Lösungen, um diese Konflikte zu entschärfen.

01 Einleitung

Lautstärke überträgt sich leicht, sie ist oft noch in den Wohnungen von Anrainer*innen wahrnehmbar. Andererseits spielen auch oft Gäste vor der Tür ein große Rolle. Laut der „VCC Bedarfserhebung für Veranstalter*innen und Betreiber*innen” leben bei zwei Dritteln aller befragten Betreiber*innen die Anrainer*innen nur 20 Meter oder weniger entfernt. Rund drei Viertel der Befragten berichten von Problemen mit Lärmbelästigung durch Gäste oder Lärmbelästigung durch Musik.

Ein gutes Miteinander mit euren Anrainer*innen ist ein wichtiger Grundstein für eure Arbeit. Bedenkt, dass ihr auf ihr Wohlwollen angewiesen seid, nicht sie auf eures. 

Umso wichtiger ist es, Maßnahmen zu ergreifen um potenziellen Auseinandersetzungen präventiv aus dem Weg zu gehen. Hier wollen wir auf einige Methoden eingehen, um Problemen vorzubeugen. 

02 Rechtliche Grundlagen

Damit die Magistrate und die Behörden im Falle von Beschwerden überhaupt aktiv werden können, braucht es natürlich eine rechtliche Grundlage.

Im Falle des Anrainer*innen-Schutzes sind das die Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) und das Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 (Wr. VG).

Ebenso gibt es das „Nachbarschaftsrecht” gemäß § 364 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB).

Auflagen bezüglich Lärmemissionen bei öffentlichen Veranstaltungen

Im Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 werden die Auflagen bezüglich Lärmemissionen für öffentliche Veranstaltungen definiert. Für weitere Infos siehe Kapitel 5 des Open Air Guides

Auflagen bezüglich Lärmemissionen in Musikspielstätten

Die Gewerbeordnung regelt die Bestimmungen zu Lärmemissionen für Betriebsanlagen für alle Musikspielstätten.  

In § 74 Abs. 2 wird geregelt, wann eine Genehmigungspflicht für Betriebsanlagen notwendig ist. Wenn eine Betriebsanlage geeignet ist, Anrainer*innen durch Lärm zu beeinträchtigen, dann ist diese genehmigungspflichtig - für Musikspielstätten besteht daher de facto immer eine Genehmigungspflicht. In Wien erlässt das jeweilige Magistratische Bezirksamt den Bescheid zur Genehmigung der Betriebsanlage. 

Gemäß § 79 Abs. 1 können auch trotz vollständiger Einhaltung der bestehenden Auflagen im Genehmigungsbescheid nachträgliche Auflagen durch die Behörde vorgeschrieben werden. Diese Vorgaben müssen verhältnismäßig sein und die Einhaltung der Auflagen kann auch mit einer Frist versehen werden. Ein Beispiel: aufgrund der Verkehrsberuhigung einer Straße wird nun der ausgehende Lärm eines Clubs für die Nachbarschaft deutlich wahrnehmbar und in weiterer Folge als gesundheitsgefährdend eingestuft. Auch wenn sich der Club bescheidkonform verhält, kann es zu weiteren Auflagen kommen. 

Gemäß § 79 Abs. 2 sind im Falle von neu zugezogenen Anrainer*innen nur dann zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, wenn diese zur Vermeidung einer gesundheitlichen Gefährdung notwendig sind. Somit genießen neu hinzugezogene Anrainer*innen nur einen eingeschränkten Schutz und können, anders als bestehende Anrainer*innen, nicht jede „Belästigung” beanstanden. Trotzdem gibt es keinen „Bestandsschutz” für bestehende Musikspielstätten, wenn es zu einer veränderten Nachbarschaft (z.B. Neu- und Ausbau von Wohnraum) kommt. Die VCC spricht sich daher für die Etablierung des "Agent of Change" Prinzips aus, um Clubs vor Verdrängungen zu schützen. 

Gemäß § 79 Abs. 3 darf dabei die Betriebsanlage durch zusätzliche Auflagen nur soweit verändert werden, sodass diese ihrem „Wesen nach” unberührt bleibt. Führt zum Beispiel eine Auflage zur Reduktion der Lautstärke dazu, dass ein Club gar nicht mehr als solcher geführt werden kann und wesentliche Zielgruppen wegfallen, dann besteht ein substantieller Eingriff in das Recht zur Gewerbeausführung. In diesem Fall muss die Behörde die Vorlage eines „Sanierungskonzepts” innerhalb einer angemessen Frist vorschreiben. Hier findet ihr das VCC Gutachten des ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Harald Huber zum Thema Wesensveränderung von Clubs und Musikspielstätten durch behördliche Auflagen.

Hinweis: Diese Angaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie dienen zur groben Orientierung. Für nähere Informationen könnt ihr euch gerne an die Vienna Club Commission wenden und wir werden mit Hilfe von Expert*innen auf eure Fragen eingehen.

Hilfreiche Links:

Link zur Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

Link zum Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 (Wr. VG)

Link zum Leitfaden Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 der Vienna Club Commission (2020)

Wie gehen Verwaltungsbehörden mit Lärmbeschwerden um?

Erhalten die Verwaltungsbehörden vermehrt Beschwerden zu Schallemissionen aus einer Musikspielstätte, so kann das zuständige Magistratische Bezirksamt ein Schallgutachten einholen. Dabei wird dem Club ein Messtermin bekanntgegeben und anschließend bei laufender PA-Anlage die eintreffenden Schallemmissionen bei der betroffenen Person gemessen. Auf Basis des Schallgutachtens kommt es zu einer amtsärztlichen Stellungnahme. Übersteigen nun die Schallimmissionen den ortsüblichen Umgebungslärm („Basispegel”) kann aus medizinischer Sicht eine Verringerung der Lautstärke im Club empfohlen werden. Die abschließende Beurteilung erfolgt durch das Magistratische Bezirksamt.

Die VCC empfiehlt Clubs, eigene Schallgutachten zu beauftragen, um möglichen Konflikten vorzubeugen, aber auch für den Fall, wenn die bisher genehmigte Lautstärke erhöht werden möchte. 

Der Unterlassungsanspruch durch das Nachbarschaftsrecht

Es können nicht nur die Verwaltungsbehörden selbst bei Lärmbeschwerden tätig werden, sondern es ist auch eine zivilrechtliche Klage durch das Nachbarschaftsrecht gemäß § 364 ABGB möglich. Dabei kann bspw. die Untersagung lärmerregender Immissionen erreicht werden, aber nur, wenn diese das “ortsübliche Maß” überschreiten und gleichzeitig die ortsübliche Benutzung wesentlich beeinträchtigt wird. Geschützt wird die Nutzung oder die Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Wohnnutzung) eines (un)mittelbaren Nachbarn. 

Wann ist jedoch bspw. der Sound aus einem Club ortsüblich? Das ist gar nicht einfach zu beantworten und es gibt dazu unterschiedliche Ansichten und höchstgerichtliche Urteile. Der OGH hat eine „Ersitzung der Ortsüblichkeit” nach 30 Jahren bejaht, aber auch schon einen Zeitraum von nur drei Jahren als ausreichend angesehen, um eine Lärmemission als ortsüblich zu definieren. Andererseits ist eine gesundheitsschädliche Einwirkung in jedem Fall ortsunüblich. Dies gilt wiederum dann nicht, wenn die Gesundheitsschädlichkeit objektiv erkennbar ist - nachträglich zugezogene Nachbarn müssen dann diese Immissionen dulden. 

Die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung hängt bei Lärmimmissionen von vielen Aspekten ab. Dazu zählen bspw. Art, Dauer, Zeit und Intensität der Lärmemissionen. 

Gemäß § 364a ABGB besteht dann kein Unterlassungsanspruch, wenn die Betriebsanlage im Rahmen ihrer Genehmigung betrieben wird. Achtung: Das gilt üblicherweise aber nicht für Lärm der vor dem Club entsteht, da diese Fläche meistens nicht Teil der genehmigten Betriebsanlage ist.

Bin ich für Gäste vor meiner Tür verantwortlich?

Einerseits gibt es Schanigärten mit festgelegten Regeln zu Sperrstunden und Verhalten der Gäste im öffentlichen Raum („Kein lautes Sprechen, Singen oder Musizieren"). 

Zusätzlich gilt es zu beachten: Wenn Gäste beim Eintreten, Aufenthalt oder Verlassen des Lokals Lärm erzeugen oder die Nachbarschaft verschmutzen, so kann dieses Verhalten den Clubbetreiber*innen zugerechnet werden. Eine mögliche Konsequenz bei fortlaufenden Störungen ist sogar eine behördlich vorverlegte Sperrstunde gemäß § 113 Abs. 5 GewO. Dabei wird explizit sogar auf nicht strafbares Verhalten von Gästen vor dem Lokal verwiesen. Mehr dazu weiter unter im Absatz „Lärm vor der Tür verringern”. 

03 Soziale Maßnahmen

Egal ob Veranstalter*in oder Betreiber*in, es gibt einige Maßnahmen, die für jede*n anwendbar sind. Ein gutes Verhältnis zu Nachbar*innen kann viele Probleme bereits im Vorfeld verhindern, wenn ihr ein Open Air organisieren, in einer Off-Location feiern oder einen Club betreiben solltet. Der persönliche Kontakt zu Nachbar*innen erspart einiges an Ärger mit Behörden und Polizei.

03.1 Kontaktaufnahme

Die einfachste Methode ist es, vorab mit der Nachbarschaft Kontakt aufzunehmen. Dies bietet sich sowohl für Veranstalter*innen wie auch Betreiber*innen an. Idealerweise lasst ihr eure Handynummer auf eine Visitenkarte drucken und klopft bei jeder Tür persönlich an. Die Herangehensweise ist einfach:

  • Kurze persönliche Vorstellung
  • Ein paar Sätze zu eurem Vorhaben
  • Nummern austauschen mit der Bitte, euch anzurufen, bevor die Polizei alarmiert wird
  • Im Falle eines Clubs bietet es sich auch an, die Nachbarschaft zu einem Kennenlernen und einer Präsentation des Clubs einzuladen. Ein paar Getränke und unter
  • Umständen auch zwei Stunden Programm mit musikalischen Darbietungen können helfen.
  • Seid nicht zu aufdringlich. Manche Mitmenschen wollen in ihren eigenen vier Wänden nicht gestört werden. Könnt ihr eine*n Anrainer*in nicht erreichen, könnt ihr optional einen höflich formulierten Brief mit der Bitte nach Kontaktaufnahme und mit eurer Telefonnummer hinterlassen.
  • Was auch immer passieren mag, bleibt freundlich und höflich! Vielleicht hat euer*eure Anrainer*in gerade einen schlechten Tag. Habt ihr einmal einen schlechten Eindruck vermittelt, lässt er sich schwer wieder zurechtbiegen. 

Tipp: Die meisten Menschen sind zwischen 18:00 und 19:00 Uhr zu Hause anzutreffen. Eure Vorstellungsrunde sollte also nicht um 14:00 Uhr beginnen.

03.2 Aushänge

Ein freundlich formulierter Aushang mitsamt Kontaktmöglichkeiten wie Handynummer und E-Mail-Adresse, gut sichtbar im Stiegenhaus der angrenzenden Gebäude angebracht, ist eine einfache Methode, die Nachbarschaft über euer Vorhaben zu informieren.

03.3 Gesprächsrunden/ Feedbackschleifen

Feedbackschleifen können in unterschiedlicher Form durchgeführt werden. Der Lärm im oder außerhalb des Clubs oder eurer Veranstaltung erreicht die Anrainer*innen ganz unterschiedlich. Manche stört es weniger, manche kriegen auch gar nichts davon mit, andere wiederum fühlen sich schnell gestört.

Sollte es Wohnungen geben, die mehr Belastung durch euren Club oder eure Veranstaltung erfahren als andere, so lohnt es sich, sich mit diesen Nachbar*innen öfter auszutauschen.

Optional könnt ihr euch einen Termin mit den nächstgelegenen Nachbar*innen ausmachen, wenn die Lautstärke im Club getestet wird. Bleibt mit ihnen telefonisch in Kontakt. Beginnt leise und steigert die Lautstärke langsam, bis sie den Schall in ihrer Wohnung wahrnehmen. Wiederholt den Test mehrfach mit unterschiedlichen Tonträgern oder mit Rauschen. So kriegt ihr ein Gefühl dafür, wie die Lautstärke in der Wohnung ankommt. Eventuell ergeben sich so auch Möglichkeiten für euch, dem Ganzen präventiv entgegenzutreten.

Gesprächsrunden hingegen können ein- bis zweimal Jahr organisiert werden. Hier kann die gesamte Nachbarschaft eingeladen werden und kann über ihre Beobachtungen oder Erfahrungen der letzten Monate berichten. Der*die Betreiber*in kann sich somit ein Bild der Gesamtlage verschaffen und versuchen, auf die einzelnen Problembereiche einzugehen und Lösungen zu finden. 

03.4 Müll beseitigen

Die Lösungen können manchmal ganz einfach sein. Wenn sich die Anrainer*innen über Müll vor der Location beschweren, sichert ihnen zu, dass ihr euch in Zukunft darum kümmern werdet. 

Tipp: Zum Beispiel können die Reinigungskräfte als Erstes vor dem Lokal reinigen, bevor sie drinnen beginnen. Somit werden die Frühaufsteher*innen unter euren Nachbarschaft nicht gleich von Müll begrüßt, wenn sie vor ihre Haustür treten. Zusätzlich könnt ihr eure Türsteher*innen bitten, etwaige Verunreinigungen vor eurem Lokal sofort zu beseitigen, auch wenn diese nicht von euren Gästen verursacht wurden.

03.5 Lärm vor der Tür verringern

Komplizierter wird es bei Lärmproblemen durch Raucher*innen oder prinzipiell mit Gästen, die sich vor der Tür aufhalten. Hier helfen oftmals nur gut geschulte Türsteher*innen, die die Gäste immer wieder zur Einhaltung der Nachtruhe ermahnen. Ergänzend sollte auch darauf geachtet werden, dass eure Gäste ihre Getränke im Lokal lassen. 

Achtet darauf, dass sich keine Gruppen vor dem Lokal aufhalten. Bittet eure Gäste unter Umständen darum, für die Dauer ihrer Zigarette eine Runde um den Block zu drehen, oder verweist sie auf einen nahe gelegenen öffentlichen Platz, eine Öffi-Station oder eine Grünfläche. 

Gut informierte Stammgäste können als gutes Vorbild wirken und euch die Arbeit zu erleichtern. Haltet euch selbst an eure eigenen Regeln, nicht zuletzt um euch laute Diskussionen vor dem Lokal zu ersparen. 

Tipp: Bedenkt, dass Lärm vor der Tür nicht nur Menschen in eurem Haus, sondern vor allem Bewohner*innen in gegenüberliegenden Gebäuden betreffen kann. Es ist daher ratsam, sie in eure Kommunikation mit einzubeziehen.

03.6 Hinweisschilder

Es darf zu keinem übermäßigen Lärm durch die Besucher*innen kommen, worauf der*die Betreiber*in separat mit einem Aushang hinweisen muss (jede*r kennt die Schilder mit der Aufschrift „BITTE PSSST!“).

Dennoch können weitere Schilder hilfreich sein. Hier sind Kreativität und ein Bewusstsein für die individuellen Probleme vor dem Lokal gefragt. Solltet ihr z. B. ein Müllproblem vor eurem Lokal haben, dann solltet ihr eure Gäste darauf hinweisen, dass sie ihre Zigarettenstummel nicht auf den Boden werfen, Flaschen wieder zurück ins Lokal oder auch sonstigen Müll fachgerecht entsorgen sollen. Solltet ihr Standaschenbecher aufstellen wollen, solltet ihr beachten, dass diese lediglich auf dem Grund der Betriebsfläche aufgestellt werden dürfen.

Bei Lokalen, wo ein*e Türsteher*in anwesend ist, löst dieser*diese normalerweise solche Probleme. Allerdings können sich nicht alle Lokale Türsteher*innen leisten. Schilder kosten oft nicht viel, wenn sie selbst gemacht werden.

Tipp: Die PSSST!-Tafel kann kostenlos bei der WKO (Fachgruppe Gastronomie) bestellt werden. Einfach anrufen und bestellen: +43 1 514504206.

Hinweis: Solltet ihr die Schilder bei Nacht beleuchten wollen und diese Schilder mitsamt Beleuchtung straßenseitig angebracht werden, so müsst ihr dies bei der MA 46 anmelden.

Hilfreiche Links:

Link zur Bewilligung von Lichtreklamen

03.7 Begrünung

Solltet ihr Bereiche in eurem Haus bzw. Mietobjekt mit Nachbar*innen teilen, so kann es durchaus vorteilhaft sein, diese zu verschönern oder zum Beispiel auch Innenhöfe zu begrünen. Das rrr in Ottakring hat beispielsweise den Innenhof entmüllt, mit Möbeln ausgestattet und mit Bambus bepflanzt. Der Innenhof wurde so attraktiver. Vielleicht kann ein Teil der Betriebsfläche, der im Tagesgeschäft nicht genutzt wird, als Gemeinschaftsgarten zur Verfügung gestellt werden. Sprecht euch aber mit Nachbar*innen ab, denn was die einen als schön empfinden, kann andere stören.

Solche Flächen ermöglichen einen Austausch, Probleme können entspannter angesprochen und Lösungen leichter gefunden werden. Oft fehlt der Nachbarschaft das Verständnis für die Belange von Veranstalter*innen und Betreiber*innen und umgekehrt. Zusätzlich können die Hausbewohner*innen auch in regelmäßigen Abständen zu einem Umtrunk im Innenhof eingeladen werden, wo Bedenken und zukünftige Projekte besprochen werden können. Solche Maßnahmen sind recht kostengünstig und leicht umsetzbar. 

Prinzipiell sollten die öffentlich einsehbaren Betriebsflächen ordentlich und sauber gehalten werden. Stark verschmutzte oder zugemüllte Betriebsflächen verbessern das Nachbarschaftsverhältnis nicht unbedingt.

Hinweis: Erkundigt euch im Vorfeld, ob die Fläche, die ihr verschönern wollt, zu der Betriebsanlage gehört. Falls nicht, sollten die angestrebten Veränderungen zuvor mit dem*der Hausbesitzer*in sowie den Anrainer*innen abgeklärt werden.

03.8 Open Club Day

Über Aushänge oder eure Kontaktliste könnt ihr zu Informationstagen oder zu einem „Tag der offenen Clubtür“ einladen. Eine gute Möglichkeit dazu ist der internationale Open Club Day. Wichtig ist es, dass ihr Vertrauen und Verständnis für das, was ihr bei euch im Club macht, aufbauen könnt.

Viele Anrainer*innen wissen eigentlich gar nicht, wie es in einem Club ausschaut. Sie gehören unter Umständen nicht zur Zielgruppe oder haben das Gefühl, nicht zu dieser zu gehören. Dementsprechend kennen sie auch nicht die Betreiber*innen, noch kennen sie die Menschen, die dort arbeiten. Den Club für diese Menschen zu öffnen, macht es möglich, einander kennenzulernen und das Verhältnis zu den Anrainer*innen zu verbessern.

Der Open Club Day ist eine europäische Initiative. Normalerweise geht er am ersten Samstag im Februar über die Bühne. An diesem Tag sind Clubs auch tagsüber geöffnet und unter Umständen findet ein alternatives Programm in Ergänzung zum regulären statt. An diesem einem Tag können die Nachbar*innen aus dem Grätzl, aber auch die Bezirksräte*Bezirksrätinnen und Bezirksvorsteher*innen eingeladen werden, um ein bisschen Clubluft zu schnuppern. Als alternatives Programm bietet sich z. B. ein Kinderprogramm (Kindertheater) an, aber auch, einmal Bands oder Kabarettist*innen statt nur DJ*s einzuladen.

Tipp: Wenn Musiker*innen und Künstler*innen aus dem Grätzl Teil des Programms sind – selbst wenn diese ansonsten nicht im Programm stehen –, kann das Anrainer*innen motivieren, sich euren Club anzuschauen. 

Wenn auch Mitarbeiter*innen und Betreiber*innen anwesend sind, können sie dem Publikum Fragen beantworten und mit ihm ins Gespräch kommen. Auch so kann das Verständnis für die Clubkultur verbessert werden. 

Ein Open Club Day sollte auch nach außen hin beworben werden. Es können Einladungen verschickt, in den Stiegenhäuser von angrenzenden Wohngebäuden angebracht und/oder die Veranstaltung kann in den sozialen Medien beworben werden. 

Hilfreiche Links:

Link zum Open Club Day

04 Technische bzw. infrastrukturelle Maßnahmen

Technische und infrastrukturelle Maßnahmen können gesetzt werden, um die Schallemissionen entweder zu reduzieren oder um die Lautstärke vor der Tür besser in den Griff zu bekommen. Hier gibt es interessante internationale und nationale Beispiele. Für einzelne Betreiber*innen sind diese Maßnahmen wohl zu kostspielig. Für Politik und Verwaltung ist es umso interessanter, wie andere Städte über einen geschickten Schallschutz mehr kulturelle Angebote sicherstellen.

04.1 Schallschutz im Club

Klassischer Schallschutz im Club ist äußerst komplex und oft außerordentlich teuer. Dabei können Bassfallen, die richtige Ausrichtung der Boxen, Raum-in-Raum-Konstruktionen, Schallisolierung im Clubraum und von angrenzenden Räumen und viel mehr sinnvoll sein.

Die Vienna Club Commission arbeitet an einem Leitfaden, der nicht nur effektive, sondern auch effiziente Lösungen vorstellt. Aufgrund der Komplexität dieses Themas ist dies ein langfristiges Projekt. Das Team hat dennoch Erfahrung mit zahlreichen Maßnahmen.

Bitte meldet euch für einen Beratungstermin bei info@viennaclubcommission.at

04.2 Hamburger HafenCity-Fenster und Berliner Clubfenster

In den warmen Monaten schlafen viele mit offenem oder gekipptem Fenster. Dementsprechend dringt Lärm leichter in die Wohnungen und erschwert Anrainer*innen den Schlaf. Gleichzeitig sind viele Menschen länger draußen unterwegs, um die lauen Abende zu genießen. Ärger ist vorprogrammiert.

Für diese Situation wurden in Hamburg und Berlin Fenster entwickelt, die auch gekippt den Lärm von draußen drastisch reduzieren. Die Rede ist vom Hamburger HafenCity-Fenster und vom Berliner Clubfenster. Letzteres ist an das HafenCity-Fenster angelehnt. 

In Berlin werden über das Schallschutzfensterprogramm 90 Prozent der Kosten eines Einbaus getragen, wenn man besonders von Verkehrslärm betroffen ist. Für einzelne Veranstalter*innen und Betreiber*innen von Clubs ist die Maßnahme kaum umsetzbar. Ein ähnlicher Fonds ist aber durchaus für Clubs in Wien vorstellbar. Auch wissen nicht alle Bauherren*Bauherrinnen, dass es Fenster gibt, die auch gekippt Schall schlucken.

Wie funktionieren diese Fenster?

Das HafenCity-Fenster wurde von der Firma Eilenburger Fenstertechnik GmbH entworfen. Die Entwickler versprechen selbst in gekipptem Zustand eine Lärmreduzierung von 35 bis 46 dB je nach Modell. Das Berliner Clubfenster verspricht hingegen eine Reduzierung von 20 bis 30 dB. 

Beide Fenster gleichen sich in ihrer Funktionsweise. Beide Fenstermodelle sind eigentlich Kastenfenster, wo der Zwischenraum mit absorbierenden Materialien ausgestattet wurde. Beide Modelle setzen auf einen geringen maximalen Neigungsgrad, wodurch die Luftzirkulation gewährleistet wird, aber Lärmemissionen dennoch reduziert werden können. Beiden gemeinsam ist auch, dass sie vertikal versetzte Lüftungsklappen haben. 

Der Unterschied der beiden Modelle liegt in der Anzahl der verbauten Fensterteile und der daraus resultierenden Lärmreduzierung. Das HafenCity-Fenster setzt generell auf vierteilige Fenster, das Clubfenster auf zweiteilige. Wobei erwähnt werden sollte, dass es auch zweiteilige HafenCity-Fenster gibt, die sich dann auch „nur“ bei einer Lärmreduzierung von 35 bis 39 dB bewegen.

04.3 Lautstärkeradar Paris

Paris hat wie jede andere Großstadt auch damit zu kämpfen, dass das Bedürfnis nach Nachtruhe mit dem Bedürfnis nach urbaner Kultur in der Nacht kollidiert. Die Stadt Paris hat gemeinsam mit den Lokalbesitzer*innen eine Art Monitor für Lärmemissionen entwickelt.

Gemeinsam mit der Initiative „Bruitparif“ wurden in „lauten“ Vierteln Messgeräte installiert, die 24/7 die Lärmentwicklung messen und aufzeichnen. Das Besondere an diesen Messgeräten ist die Möglichkeit, zwischen den Lärmquellen zu unterscheiden, d. h., die Lärmemissionen von Autos, Musik, Flugzeugen und Menschen können getrennt gemessen werden. Die Ergebnisse werden laufend auf einer Karte aktualisiert und dargestellt. In Berlin gab es ein ähnliches Vorhaben, allerdings wurden die Ergebnisse nicht wie in Paris laufend aktualisiert, sondern wurden einmalig in einer Übersichtskarte Berlins eingetragen.

Die andere Besonderheit der Pariser Methode liegt darin, dass SMS an die Betreiber*innen verschickt werden, falls sich die Lärmentwicklung zu einer Ruhestörung entwickelt. Dementsprechend können die Betreiber*innen rechtzeitig reagieren und unter anderem die Gäste vor der Tür darauf hinweisen. Laut Aussagen von Thierry Charlois, dem Conseil de la Nuit, haben sich einige Betreiber*innen zusammengeschlossen, um gemeinsam eine*n Security-Beauftragte*n zu bezahlen, die*der im Viertel ihre*seine Runden dreht und Gäste an die Nachtruhe erinnert. 

Was können wir daraus lernen?

Für die Verwaltung und Politik der Stadt Wien kann die Installation dieser Lärmmessgeräte eine sinnvolle Investition in die Zukunft bedeuten. Probleme mit der Nachtruhestörung werden frühzeitig erkannt, Anrainer*innen werden geschützt und die Polizei wird entlastet. Weniger Lärm durch Gäste bedeutet weniger Anrufe bei der Exekutive, der Gruppe für Sofortmaßnahmen oder dem Permanenzdienst der Stadt Wien. Für die Lokalbetreiber*innen wäre dies ebenfalls eine Erleichterung. Vor allem bedeutet es weniger Stress während des Betriebs.

04.4 Schallschutz mit aufblasbaren Wänden

Diese Schallschutzwände bestehen aus zwei-schalligen, aufblasbaren Elementen, die mit den typischen Dimensionen von Schallschutzbarrieren eine Wirkung erreichen, die laut Herstellern fast mit Betonwänden vergleichbar ist (um ungefähr 20 dB). Die Praxistauglichkeit wurde im Baustelleneinsatz getestet. Der Einsatz ist mobil und flexibel möglich. 

Grundsätzlich eignen sich diese Schallschutzwände auch für den Einsatz bei Open-Air-Festivals und Konzerten. Für die Anschaffung durch Veranstalter*innen oder durch Firmen für Eventtechnik braucht es aller Voraussicht nach geförderte Modelle. 

Für diese mobilen Schallschutzwände gibt es verschiedene Anbieter, etwa Buitink Technology oder Sattler.

04.5 Lärmschutzfonds für Clubs

Die Clubs und die Nachtwirtschaft sind Teil der gesellschaftlichen Veränderung. Wenn sich Städte verdichten und Viertel gentrifiziert werden, kommt es oftmals zu Problemen mit neuen Anrainer*innen. Manche Städte haben deshalb Fonds eingerichtet, mit denen Schallschutz umgesetzt werden kann. So kann sichergestellt werden, dass das kulturelle Angebot im Grätzl nicht verdrängt wird. 

In Berlin wurde ein solcher Fonds 2018 mit € 1 Million dotiert und zuletzt mit € 1 Million für weitere zwei Jahre ausgestattet. Damit Clubs auf diese Förderung zugreifen können, müssen sie regelmäßig ein Programm bieten, eine Kapazität von unter 1.500 Menschen haben und dürfen nur begrenzt andere öffentliche Förderungen bekommen. Einzelne Förderungen im Lärmschutz sind mit wenigen Ausnahmen auf € 50.000 beschränkt.

In Köln wurde ein ähnlicher Fonds mit jährlich € 300.000 eingerichtet. 

Hilfreiche Links:

Link zum Berliner Lärmschutzfonds

Link zum Kölner Lärmschutzfonds

05 Weitere Maßnahmen

Dieser Leitfaden wird laufend erweitert. Solltest du von einer Maßnahme gehört haben, die hier nicht aufgeführt ist, schreib uns bitte an info@viennaclubcommission.at.

Die Vienna Club Commission befasst sich im
Auftrag der Wiener Geschäftsgruppen:

– Kultur und Wissenschaft
– Finanzen, Wirtschaft, Arbeit
   und 
Internationales
– Bildung, Jugend, Integration
   und Transparenz

Hauptfördergeberin

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